ExRotaprint

Kirsten & Nather

Wohn- und Fabrikationsgebäude zweier West-Berliner Architekten

Hatje Cantz 2015, 272 Seiten, 245 Abbildungen, ISBN 978-3-7757-4068-5
Hrsg. Daniela Brahm, Les Schliesser / ExRotaprint
Texte von Frank Seehausen, Alexander Hoff, Gundula Lang, Elmar Kossel, Daniela Brahm, Les Schliesser, Thomas Steigenberger
Gestaltung von Daniela Brahm, Carsten Eisfeld

im Buchhandel oder direkt bei ExRotaprint erhältlich für 39,80 €

Architekten Klaus Kirsten und Heinz Nathe, Wohn- und Fabrikationsgebäude zweier West-Berliner Architekten, Hatje Cantz 2015

Eine (Wieder)Entdeckung

aus dem Editorial
von Daniela Brahm und Les Schliesser

Weitgehend abseits der kulturellen und architekturgeschichtlichen Wahrnehmung in Berlin hat das Büro Kirsten & Nather herausragende Architektur entworfen und gebaut, die mit diesem Buch eine erste umfassende Würdigung erfahren soll. Seit seiner Gründung im Jahr 1957 bis zum Tod von Klaus Kirsten im Jahr 1999 führten die Architekten Klaus Kirsten und Heinz Nather in Berlin das Büro Kirsten & Nather und arbeiteten freundschaftlich zusammen. Der Schwerpunkt der vorliegenden Monografie liegt auf ihren Bauten der 1950er- und 1960er-Jahre, die ihren Stil und Haltung am deutlichsten repräsentieren und für die Bedeutung der beiden Architekten besonders exemplarisch sind. Die Bauherren stammten zumeist aus dem persönlichen Umfeld Kirstens und Nathers, sie wurden über Empfehlung auf das Büro aufmerksam oder weil sie Gebäude der Architekten kannten und schätzten.

Unser Interesse an dem Büro Kirsten & Nather geht auf den glücklichen Umstand zurück, dass unsere Ateliers in einem von Klaus Kirsten entworfenen Gebäude der ehemaligen Rotaprint-Fabrik im Berliner Stadtteil Wedding liegen. Unsere Begeisterung für die Architektur der Rotaprint-Gebäude aus den 1950er-Jahren hat Prozesse in Gang gesetzt, die über die reine Nutzung der Räume hinausgehen. Unsere erste Begegnung mit der Architektur von Kirsten & Nather, mit dem hinteren »Kistenturm« der ehemaligen Rotaprint-Fabrik, war eine Überraschung: Im Jahr 2000 stand das auffällige Haus singulär vor einer unscheinbaren Brandwand, in einer mit jungen Bäumen bewachsenen Brache, entstanden aus Abraum und Abriss und einiger Jahre anarchisch nachwachsenden Grüns. Sensationell in seiner Kubatur, wurde hier ein eleganter und expressiver Gestaltungswille sichtbar, der Aufmerksamkeit erregt. Das Haus ist Teil einer ganzen Anlage, es gehört zu den elf noch erhaltenen Häusern und Hallen der ehemaligen Rotaprint-Fabrik. Dank der modernen Erweiterungsbauten wurde der Standort nach dem Konkurs des Druckmaschinenherstellers Rotaprint nicht komplett abgerissen. Ein Gutachten von Professor Helmut Engel stellte 1991 die Gesamtanlage unter Denkmalschutz und benannte Klaus Kirsten als planenden und bauenden Architekten. Unsere erste Recherche offenbarte eine Leerstelle – Klaus Kirsten und Heinz Nather waren im Jahr 2000 unbekannte Architekten, vergessene Figuren der Berliner Architekturgeschichte. Der Widerspruch, der in der Anerkennung des Baudenkmals als »einzigartige Industriearchitektur« (Zitat Prof. Engel im erwähnten Gutachten) und dem Fehlen des Büros Kirsten & Nather in der Berliner Baugeschichte deutlich wird, motivierte uns zu weiteren Recherchen.

Über eine Anzeige in der Bauwelt – »Wer kennt Klaus Kirsten, Architekt der 50er-Jahre-Gebäude von Rotaprint?« – lernten wir Heinz Nather kennen und erfuhren, dass die beiden Architekten ein gemeinsames Büro betrieben hatten. Im Lauf der letzten acht Jahre konnten wir unsere Neugier über das Büro Kirsten & Nather und seine Arbeit, seine Haltung zur Architektur, seine Bauherren, seine Anfänge im Berlin der 1950er- und 1960er-Jahre, die Zeit und ihren Kontext nicht vollständig befriedigen, aber ihr doch Nahrung geben. Gemeinsam mit Heinz Nather erstellten wir das Werkverzeichnis des Büros, sortierten und archivierten alle vorhandenen Pläne und führten Interviews mit ihm.

Die Recherchen, Gespräche und das von Heinz Nather zu Verfügung gestellte Bildmaterial bilden die Grundlage für dieses Buch, mit dem, so hoffen wir, eine Lücke der Berliner Architekturgeschichte geschlossen werden kann. Besonders freut uns die freundschaftliche Verbindung zu Heinz Nather, dessen Humor und großzügige Offenheit nur durch seine Bescheidenheit übertroffen wird.

Foto ganz oben: Klaus Kirsten (li.) und Heinz Nather (re.) 1959 mit Selbstauslöser (© Kirsten & Nather)